Das Making Of von "Nada Te Turbe" - ein einmaliges Experiment
Die Anfrage von Guido Schaub, dem Leiter der Klinik Sokrates freute mich sehr: Ein Film sollte erstellt werden, der die Mitarbeiter des Gesundheitszentrums am Bodensee zeigt. Das Besondere jedoch: ohne dass eine oder einer der Beteiligten etwas ahnte, trafen kurz vor Weihnachten alle zusammen, um Kaffee und Kuchen zu geniessen. Den gab es natürlich auch.
Die Tatsache, dass im grossen Saal Mikrofone, Mischpulte, Computer und Dutzende von Kabeln ein Tonstudio bildeten liess alle erst mal erstaunen. Erste Vorahnungen bahnten sich an, und weitere kamen hinzu, als sie Matthias Aeberhard erblickten. Der mittlerweile weltweit erfolgreiche Opernsänger traf ein und liess mit seinem Humor alle in kürzester Zeit wach werden.
Guido Schaub wandte sich an alle und begrüsste das Team herzlich. Schnell liess er die Katze aus dem Sack und erklärte kurzum alle Beteiligten zu Sängerinnen und Sängern. Mir schien es, als seien einige plötzlich etwas bleicher geworden. Ganz langsam kristallisierte sich die Erkenntnis heraus, hier und jetzt für eine Ton- und Videoproduktion nicht nur da zu sein, sondern sogar zu singen!
Die Starre hielt jedoch nicht lange. Die Freude an dem Gedanken, für Menschen zu singen, die Hilfe benötigten und die sich sofort einstellende Bereitschaft waren überwältigend. Nur, so fragte sich fast jede und jeder, kann ich denn eigentlich überhaupt singen??
Nun übernahm Matthias Aeberhard die Leitung und begann mit ersten Stimmübungen. Nach kurzer Zeit konnten alle Mitwirkenden sich selbst einordnen, welche Stimmlage sie besassen. Mehrere Gruppen bildeten sich und alle übten in separaten Räumen, um Text und Tonlage zu perfektionieren. Matthias Aeberhard stürmte, ohne auch nur eine Sekunde Zeit zu verlieren von einer Gruppe zur anderen; lobte, unterstützte und half mit, eine unglaubliche Vision zu verwirklichen: ein Team von Spezialisten in Pflege, Therapie, Medizin und Gastronomie innert vielleicht etwa anderthalb Stunden zu Sängerinnen und Sängern “auszubilden“.
Guido Schaub hatte diese Inspiration, um eindrucksvoll zu beweisen, dass der Glaube tatsächlich Berge versetzen kann. Denn auf eine solche Weise kann man einem Patienten zeigen, dass man selbst etwas getan hat, von dem viele wohl glauben, das sei unmöglich. Ein zusammengewürfelter Haufen von Leuten, die das letzte Mal in ihrer Schulzeit gesungen haben – und nach drei Stunden sollen die so singen dass man sich das sogar auf einer CD gern anhört?
In dieser Zeit filmte ich praktisch ununterbrochen um so viele Stimmungen wie möglich einzufangen. Bereits hier fiel mir schnell auf, dass sich alles auf einen guten Abschluss fokussierte, denn die Wiederholungen und Übungen liessen Rhythmus und Musikalität immer deutlicher und besser werden. Alle stützten sich gegenseitig und halfen einander, einen wirklich erstaunlich hohen musikalischen Level zu erreichen. Die Kraft und der Wille, etwas besonderes zu schaffen waren so stark spürbar, dass man es förmlich greifen konnte. Die Tatsache, dass Menschen mit schweren Krankheiten auf diese besondere Weise Mitgefühl, Achtung und vielleicht sogar wieder etwas Mut zu neuem Leben erhalten sollen befeuerte uns alle.
Auf einmal war es soweit: Das Sokrates-Team formierte sich mit militärischer Präzision vor den Mikrofonen. Letzte Anweisungen erfolgten für den optimalen Abstand.Ich selbst musste mir die Schuhe ausziehen, damit ich beim Bewegen mit der Kamera keinen Trittschall erzeugte.
Jetzt begannen die Aufnahmen. Wieder und wieder wurden Musikabschnitte wiederholt, und ich erhielt die Gelegenheit, verschiedene Blickwinkel einzufangen. Zwei GoPro – Kameras und eine Vollformat – DSLR nahmen statisch auf, während ich mit einer weiteren Spiegelreflexkamera alle forte bis pianissimo – Stücke aus verschiedenen Richtungen und Brennweiten filmte. Dabei entstand eine grosse Menge an Filmmaterial, das mir ermöglichte, die Bilder zur Tonspur zu schneiden. Somit passte alles synchron aufeinander. Die Multicopter -Aufnahmen hatte ich ich zu diesem Zeitpunkt bereits im Kasten.
Dabei hatte ich das grösste Abenteuer noch vor mir: zu diesem Zeitpunkt konnte ich nur hoffen, dass sich die Tonspur, welche ja live aufgenommen wurde sich nicht mehr in irgendwelcher Art veränderte. Und dass meine Vorstellung, später passende Sequenzen zur Tonspur hinzuzufügen sich auch realisieren lassen würde. Für die Nachbearbeitung war es enorm wichtig, denn erst dann war es möglich, irgendeine passende Szene zum entsprechenden Soundabschnitt einsetzen zu können. Ich hatte bei den Diskussionen zu den Aufnahmen mitbekommen, dass sich die Geschwindigkeit des Originals des Liedes möglicherweise noch ändern könnte. Diese Vorstellung übertraf jedes mögliche Szenario einer beliebigen Naturkatastrophe und liess mich noch während der Aufnahmen Gedankenstürme wälzen.
Glücklicherweise ging alles auf und die Synchronisation blieb erhalten. Ich fühlte mich ein bisschen an Walt Disney erinnert: bevor nur das erste Filmbild gemalt wurde, erstellten seine Soundingenieure die fertige Tonspur des gesamten Films. Die Einzelbilder erstellte man danach exakt zum Ton passend, auf diese Weise erreichte man Lippensynchronität bei Trickfilmfiguren.
Während der Aufnahmen benutzte ich verschiedene Objektive an verschiedenen Kameras. So konnte ich sowohl die ganze Gruppe der Sängerinnen und Sänger einfangen, wie danach mit einem Teleobjektiv einzelne Personen filmen. Dabei versuchte ich immer eine gewisse Distanz zu wahren. Es war wichtig, dass sich die Beteiligten auf die Musik konzentrieren konnten ohne durch die Kamera irritiert zu werden. Ausserdem wirken Menschen natürlicher, wenn sie bestenfalls gar nicht merken dass sie gerade gefilmt und fotografiert werden. Dieses Vorgehen hilft mir in gleicher Weise bei Hochzeitsshootings. So entstehen bildstarke, faszinierende und natürliche Aufnahmen.
Michael Rippas
Die Tatsache, dass im grossen Saal Mikrofone, Mischpulte, Computer und Dutzende von Kabeln ein Tonstudio bildeten liess alle erst mal erstaunen. Erste Vorahnungen bahnten sich an, und weitere kamen hinzu, als sie Matthias Aeberhard erblickten. Der mittlerweile weltweit erfolgreiche Opernsänger traf ein und liess mit seinem Humor alle in kürzester Zeit wach werden.
Guido Schaub wandte sich an alle und begrüsste das Team herzlich. Schnell liess er die Katze aus dem Sack und erklärte kurzum alle Beteiligten zu Sängerinnen und Sängern. Mir schien es, als seien einige plötzlich etwas bleicher geworden. Ganz langsam kristallisierte sich die Erkenntnis heraus, hier und jetzt für eine Ton- und Videoproduktion nicht nur da zu sein, sondern sogar zu singen!
Die Starre hielt jedoch nicht lange. Die Freude an dem Gedanken, für Menschen zu singen, die Hilfe benötigten und die sich sofort einstellende Bereitschaft waren überwältigend. Nur, so fragte sich fast jede und jeder, kann ich denn eigentlich überhaupt singen??
Nun übernahm Matthias Aeberhard die Leitung und begann mit ersten Stimmübungen. Nach kurzer Zeit konnten alle Mitwirkenden sich selbst einordnen, welche Stimmlage sie besassen. Mehrere Gruppen bildeten sich und alle übten in separaten Räumen, um Text und Tonlage zu perfektionieren. Matthias Aeberhard stürmte, ohne auch nur eine Sekunde Zeit zu verlieren von einer Gruppe zur anderen; lobte, unterstützte und half mit, eine unglaubliche Vision zu verwirklichen: ein Team von Spezialisten in Pflege, Therapie, Medizin und Gastronomie innert vielleicht etwa anderthalb Stunden zu Sängerinnen und Sängern “auszubilden“.
Guido Schaub hatte diese Inspiration, um eindrucksvoll zu beweisen, dass der Glaube tatsächlich Berge versetzen kann. Denn auf eine solche Weise kann man einem Patienten zeigen, dass man selbst etwas getan hat, von dem viele wohl glauben, das sei unmöglich. Ein zusammengewürfelter Haufen von Leuten, die das letzte Mal in ihrer Schulzeit gesungen haben – und nach drei Stunden sollen die so singen dass man sich das sogar auf einer CD gern anhört?
In dieser Zeit filmte ich praktisch ununterbrochen um so viele Stimmungen wie möglich einzufangen. Bereits hier fiel mir schnell auf, dass sich alles auf einen guten Abschluss fokussierte, denn die Wiederholungen und Übungen liessen Rhythmus und Musikalität immer deutlicher und besser werden. Alle stützten sich gegenseitig und halfen einander, einen wirklich erstaunlich hohen musikalischen Level zu erreichen. Die Kraft und der Wille, etwas besonderes zu schaffen waren so stark spürbar, dass man es förmlich greifen konnte. Die Tatsache, dass Menschen mit schweren Krankheiten auf diese besondere Weise Mitgefühl, Achtung und vielleicht sogar wieder etwas Mut zu neuem Leben erhalten sollen befeuerte uns alle.
Auf einmal war es soweit: Das Sokrates-Team formierte sich mit militärischer Präzision vor den Mikrofonen. Letzte Anweisungen erfolgten für den optimalen Abstand.Ich selbst musste mir die Schuhe ausziehen, damit ich beim Bewegen mit der Kamera keinen Trittschall erzeugte.
Jetzt begannen die Aufnahmen. Wieder und wieder wurden Musikabschnitte wiederholt, und ich erhielt die Gelegenheit, verschiedene Blickwinkel einzufangen. Zwei GoPro – Kameras und eine Vollformat – DSLR nahmen statisch auf, während ich mit einer weiteren Spiegelreflexkamera alle forte bis pianissimo – Stücke aus verschiedenen Richtungen und Brennweiten filmte. Dabei entstand eine grosse Menge an Filmmaterial, das mir ermöglichte, die Bilder zur Tonspur zu schneiden. Somit passte alles synchron aufeinander. Die Multicopter -Aufnahmen hatte ich ich zu diesem Zeitpunkt bereits im Kasten.
Dabei hatte ich das grösste Abenteuer noch vor mir: zu diesem Zeitpunkt konnte ich nur hoffen, dass sich die Tonspur, welche ja live aufgenommen wurde sich nicht mehr in irgendwelcher Art veränderte. Und dass meine Vorstellung, später passende Sequenzen zur Tonspur hinzuzufügen sich auch realisieren lassen würde. Für die Nachbearbeitung war es enorm wichtig, denn erst dann war es möglich, irgendeine passende Szene zum entsprechenden Soundabschnitt einsetzen zu können. Ich hatte bei den Diskussionen zu den Aufnahmen mitbekommen, dass sich die Geschwindigkeit des Originals des Liedes möglicherweise noch ändern könnte. Diese Vorstellung übertraf jedes mögliche Szenario einer beliebigen Naturkatastrophe und liess mich noch während der Aufnahmen Gedankenstürme wälzen.
Glücklicherweise ging alles auf und die Synchronisation blieb erhalten. Ich fühlte mich ein bisschen an Walt Disney erinnert: bevor nur das erste Filmbild gemalt wurde, erstellten seine Soundingenieure die fertige Tonspur des gesamten Films. Die Einzelbilder erstellte man danach exakt zum Ton passend, auf diese Weise erreichte man Lippensynchronität bei Trickfilmfiguren.
Während der Aufnahmen benutzte ich verschiedene Objektive an verschiedenen Kameras. So konnte ich sowohl die ganze Gruppe der Sängerinnen und Sänger einfangen, wie danach mit einem Teleobjektiv einzelne Personen filmen. Dabei versuchte ich immer eine gewisse Distanz zu wahren. Es war wichtig, dass sich die Beteiligten auf die Musik konzentrieren konnten ohne durch die Kamera irritiert zu werden. Ausserdem wirken Menschen natürlicher, wenn sie bestenfalls gar nicht merken dass sie gerade gefilmt und fotografiert werden. Dieses Vorgehen hilft mir in gleicher Weise bei Hochzeitsshootings. So entstehen bildstarke, faszinierende und natürliche Aufnahmen.
Michael Rippas